Das „Ashrama-System“ stellt eine wichtige Säule im Vedischen Leben dar. Hier wird das menschliche Leben in 5 Perioden eingeteilt. Diese 5 Stadien sind: 1. Bala-Ashrama (Kindsein, Schule), 2. Brahmacharya (Ausbildung), 3. Grihastha (Haushälter), 4. Vanaprastha (Phase des Rückzugs) und 5. Sannyasa (Entsagender). Andere sprechen von 4 Stadien und fassen die Nummer 1 und 2 zusammen. Diese Lebensstadien werden auch kombiniert mit den 4 Vedischen Lebenszielen (Purusartha) Dharma, Artha, Kama und Moksha. Demnach wäre es für die ideale Entwicklung eines Menschen so handzuhaben, dass die ersten beiden Phasen für Dharma und Moksha verwendet werden. Erst in den letzten Jahren des Brahmacharya, also ab 20, sollte dann das Streben nach materieller Sicherheit (Artha) hinzukommen. Als Haushälter sind dann alle 4 Lebensziele wichtig, aber in den letzten beiden Stadien des Lebens wieder nur noch Dharma und Moksha. Hierzu eine grafische Darstellung:
Die linke Säule in dieser Tabelle beschreibt das Lebensalter. Allerdings überschneiden sich diese Zeiträume auch oft und es gibt auch geringfügig abweichende Meinungen, wie lange z. B. die Phase eines Brahmacharya sein sollte etc. Ehe wir dieses Wissen in Verbindung mit der Vedischen Astrologie bringen, wollen wir dieser verschiedenen Lebensstadien noch etwas näher beschreiben.
Der 1. Ashrama: Bala-Ashrama:
Ashram als Kind und wenn wir in die Schule gehen
Der 2. Ashrama: „Brahmacharya“ oder Studentenpraktikum
Zeit der formalen Bildung, die bis zum Alter von etwa 25 Jahren dauert. Während dieser Zeit verlässt der Schüler sein Zuhause, um bei einem Guru zu sein und sowohl spirituelles als auch praktisches Wissen zu erwerben, das im Einklang mit Dharma stehen soll. Der Schüler hat zwei Aufgaben: die Fähigkeiten seines Lebens zu erlernen und sich ständig seinen Lehrern zu widmen. Während dieser Zeit heißt er Brahmachari, während er sich auf seinen zukünftigen Beruf sowie auf seine Familie und das soziale und religiöse Leben vorbereitet, das uns erwartet. In dieser Phase sollte man immer noch ein keusches Leben führen. Wenn man dienen möchte im Leben, dann ist dies der Brahmacharya-Ashram z. B. Gandhi.
Das 3. Ashrama: „Grihastha“ oder Familienstadium
Das wählen die Meisten (deswegen sagt der Rishi Parashara, dass das D 9 die „Ehe“ anzeigt). Dieses dritte Ashrama beginnt in der Ehe, wenn man die Verantwortung dafür übernehmen muss, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und eine Familie zu ernähren. In diesem Stadium praktizieren Hindus zuerst Dharma, streben aber auch nach Reichtum oder materieller Befriedigung (artha) als Notwendigkeit und gönnen sich unter bestimmten definierten sozialen und kosmischen Normen sexuelles Vergnügen (kama). In dieser Phase existieren die stärksten sexuellen, emotionalen, beruflichen, materiellen und sozialen Bindungen. Hat man ein gutes Navamsa in dieser Zeit, wird man Sinn finden in seinem Ehe-Ashram. Diese Periode wird dem Alter 24 – 48 zugeordnet.
Das 4. Ashrama: „Vanaprastha“ oder die Rückzugsphase
Dieses Ashrama dauert bis zum Alter von etwa 50 Jahren. Nach Manus Gesetzen sollte ein Mensch, wenn die Haut faltig wird und sein Haar grau wird, sein Zuhause verlassen und in den Wald gehen. Viele Hindus sind jedoch so verliebt in das 3. Ashrama, dass die Grihastha-Stufe ein Leben lang dauert. Ab Ende 40 beginnt diese Phase und sie geht bis Anfang 70. In dieser Phase kann man beginnen, für andere Menschen als Ratgeber zu fungieren, da man die 3. Periode bereits durchlebt hat.
Das 5. Ashrama: „Sannyasa“ oder das wandernde asketische Stadium
Das Vanaprastha-Stadion war schon ein schrittweiser Rückzug, doch jetzt entsagt man dem materiellen Leben. Die Pflicht des Menschen als Familienoberhaupt endet: Er wurde Großvater, seine Kinder wuchsen auf und schufen ein Eigenleben. In diesem Alter sollte er alle körperlichen, materiellen und sexuellen Freuden aufgeben, sich aus seinem sozialen und beruflichen Leben zurückziehen und sein Zuhause für eine Hütte im Wald verlassen, wo er Zeit im Gebet verbringen kann. Diese Phase beginnt mit Anfang 70 und geht bis zum Lebensende.
Der 1. und 2. Ashrama werden den Planeten Mars, Saturn und Merkur zugeordnet, der 3. den Planeten Jupiter und Venus, dem 4. der Sonne und Mond und dem 5. den Planeten Rahu und Ketu.
Den Pfad, den Jemand erwählt, zeigt letztlich den Ashram an, in dem Jemand ist. Ein Ashram ist eigentlich die Gemeinschaft, in der man ist und die meisten Menschen wählen als Ashram die Ehe und führen so das Leben eines Haushälters bis zum Lebensende. Aber andere wählen den spirituellen Ashram und werden ein Entsagender oder ein Mönch und nicht erst in den späten Lebensjahren.
Sind wir im Bala-Ashram, hier gehen wir in die Schule und ist das Navamsa gut, dann glauben wir an diesen Ashram und finden unsere Antworten in unserer Kultur und wollen das Beste daraus machen. Und ist man unglücklich in der Schule gewesen, dann muss das Navamsa für diese Zeit schlechtes angezeigt haben.
Im Bramacharya-Ashram will man ein produktives Leben führen aber mehr in die Richtung, sich einem hohen Ideal anzunähern, das über das Genießen und Erzeugen von Nachkommen hinausgeht. Und dann kommt der Ashram als Haushälter, man heiratet und wenn man ein gutes Navamsa hat, dann findet man Sinn in der Ehe und in der Gesellschaft, ist das D 9 verletzt, dann wird man unpassend verheiratet oder man musste wegen Nachkommen heiraten etc.
Allein die Tatsache, dass wir Astrologie erlernen, zeigt an, dass es Verletzungen im Navamsa geben muss, denn in den westlichen Gesellschaften wird die Astrologie abgelehnt und wir suchen außerhalb unseres kulturellen Verständnisses nach Antworten. Aber das Ziel ist, dass wir unseren Ashram erwählen und darin Sinn finden, denn ansonsten verschwenden wir die Zeit und wandern ziellos umher.
Das Ziel des Navamsas ist es also, einen Fokus im Leben zu haben und sich einem Ashram anzuschließen. Und so wird unser Pfad schmaler, denn wir fokussieren uns dann. Hat man z. B. den Ehe-Ashram, dann kann man sich nicht mit anderen Frauen einlassen. Oder ist man im Ashram eines Bramacharya, der ist sehr, sehr eng, aber je enger ein Pfad ist, umso schneller entwickelt man sich. Und das Ziel eines Ashrams ist es immer, Wissen über das Selbst zu erhalten, denn auch dafür steht das 9. Haus. Und hat man z. B. den Ehe-Ashram gewählt und wird geschieden, dann fühlt man sich erst einmal verloren, denn nun ist man ohne Sinn unterwegs, zuvor drehte sich ja alles um die Ehe. Ein schlechtes Navamsa bedeutet also, dass man sich nicht verankert fühlt und unsicher mit dem fühlt, was man tut im Leben. Das Rasi ist der Pfad, aber das Navamsa verankert uns auf diesem.
So können wir die einzelnen Ashrams untersuchen. Bis zum Schulabschluss ist es der Bala-Ashram, hier sehen wir am Navamsa, wie sehr der Schüler dem Lernen hingegeben ist und Erfüllung darin findet. Dann sagen wir, dass Jemand auf die Hochschule gehen will, jetzt ist dies der Bramacharya-Ashram, dann kommt der Ehe-Ashram, man versucht mit seinem Partner das Beste aus dem Leben zu machen. Oder man entscheidet sich, der Welt zu entsagen, sich voll auf die spirituelle Entwicklung zu fokussieren. Doch wenn das Navamsa nicht stark ist, dann wandert man oft zwischen dem spirituellen Ashram und dem Ehe-Ashram hin und her und man fokussiert sich nicht, man kann sich also nicht auf dem jeweiligen Pfad verankern.
Beispiel: Der Ashram von Gandhi
Hier sehen wir das Navamsa von Mahatma Gandhi, dem großen indischen Freiheitskämpfer, der von 1869 – 1948 lebte. Im Zeichen Krebs hat er den so wichtigen 9. Hauspunkt, der anzeigt, wie wir „unseren Ashram“ finden. Er hat Saturn und Jupiter darin, das bedeutet, dass er im Leben eines Haushälters (Grihastha) und eines Brahmacharya (Dienen, Lernen, Zölibat) seinen Ashram finden wollte. Er war verheiratet und hatte mit seiner Frau 4 Kinder. Wenn man so will, dann lebte er gleichzeitig in diesen beiden Lebensstadien. Dies zeigte sich z. B. in der Form, dass er 1906 ein Keuschheitsgelübde ablegte und sehr streng mit der Disziplinierung von sich selbst gewesen ist. Rahu und Ketu beeinflussen aber auch das Zeichen Krebs. Diese beiden Planeten fördern den Ashrama der Entsagung und wie Sie hier sehen, steht die Venus zusammen mit Ketu im Skorpion, was bedeutet, dass er sich vom sexuellen Genuss früh lossagte im Leben. Dies steht im Zusammenhang damit, dass er sein Leben auch so ausrichten wollte, um Befreiung (Moksha) erlangen zu können, denn Krebs ist ein Wasserzeichen und wird diesem Lebensziel zugeordnet. So war sein „Ashram“ im Leben gemischt, denn er führte das Leben eines Haushälters, konnte aber darin trotzdem sein Bedürfnis der Entsagung (Sannyasa-Ashrama) leben.
Beispiel: Der Ashrama von Sant Kirpal Singh
Dies ist das Navamsa von einem der größten Mystiker des letzten Jahrhunderts aus Indien. Sant Kirpal Singh hat den Aszendenten, aber auch den so wichtigen 9. Hauspunkt im Wasserzeichen Skorpion, in dem auch ein starker Mars enthalten ist. Das Zeichen Skorpion wird außerdem aspektiert durch Ketu, Rahu, Jupiter und Venus. Sant Kirpal Singh heiratete und hatte Söhne, so spielte der Ashrama als Haushälter auch eine Rolle in seinem Leben (wir sehen, dass Jupiter und Venus den Skorpion aspektieren). Doch dann aspektieren auch die beiden Mondknoten, Rahu und Ketu, und dies zeigt den Ashrama eines „Sannaysi“ an. Und ja, er entsagte früh den materiellen Vergnügungen und Mars, der im Skorpion steht, betont auch noch den Ashrama als ein Brahmachari. Er diente seinem Guru und führte ein keusches Leben, da der Mars hier so stark im Skorpion die wichtigsten Komponenten beeinflusst, war dies sein „wichtigster“ Ashram. 1911, in der planetaren Hauptphase von Jupiter (Haushälter-Ashram), heiratete er auf Wunsch der Eltern.